Säure im Wein verständlich erklärt

Bei der Beschreibung von Weinen steht neben der Restsüße, der Farbe und dem Alkoholgehalt auch häufig die Säure im Fokus der Betrachtung. Doch wie macht sich die Säure eines Weines eigentlich bemerkbar? Welche Auswirkungen hat sie auf das Aromenprofil? Und wie kommt die Säure in den Wein? All diesen Fragen werden wir im Folgenden gemeinsam nachgehen.

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Unterschiedliche Weingläser mit verschiedenen Weinsorten
© Foxys Forest Manufacture/www.shutterstock.com

Die Säure wird häufig als das Gerüst eines Weines beschrieben. In der Weinsprache unterscheidet man zwischen säuremilden und säurebetonten Weinen. Die Vorlieben des Einzelnen können dabei ganz individuell ausfallen. Vergleicht man Rot- und Weißweine in Bezug auf den Säuregehalt, so lässt sich sagen, dass die Säure von Rotweinen im Schnitt etwas niedriger liegt als die von Weißweinen. Wobei es natürlich auch hier einzelne Ausreißer nach oben oder unten gibt: Schließlich bestätigen wie so oft Ausnahmen die Regel.

Ziel eines jeden Winzers ist eine ausgewogene Säure im fertigen Wein. Denn diese kann besonders bei Weißweinen erfrischend und belebend wirken. Ausreißer, sowohl nach oben oder als auch nach unten, können die Weinqualität hingegen rapide schmälern – bis hin zur Ungenießbarkeit. Ein Wein mit einem zu geringen Säuregehalt wird häufig als lasch, fad oder schlaff beschrieben. Weine mit einem zu hohen Gehalt werden schnell als deutlich unangenehm wahrgenommen.

Wie die Säure in den Wein kommt

Zur Gesamtsäure eines Weines tragen verschiedene Säuren bei. Von Natur aus in einer Weintraube enthalten sind die Weinsäure und die Äpfelsäure, die zusammen im fertigen Wein ca. 90 Prozent der Gesamtsäure ausmachen, sowie die Zitronensäure. Der jeweilige Gehalt und das Verhältnis der Säuren zueinander hängen von der Rebsorte, der Lage und den klimatischen Verhältnissens des Standorts ab. Kühlere Anbauregionen fördern die Säurebildung in der Traube. Daher ist der Säuregehalt der Trauben in nördlicheren Anbauregionen wie Nordfrankreich oder Deutschland meist höher als in südlicheren Weinnationen wie Spanien, Süditalien oder Südfrankreich. Ziehen Winzer in Deutschland in der Regel das erreichte Mostgewicht als Gradmesser für den Erntezeitpunkt heran, wird in südlicheren Ländern bei dieser Frage der Säuregehalt verstärkt berücksichtigt.

Der Säuregehalt in einer Beere verändert sich im Laufe ihrer Vegetationsperiode. Nach dem Austreiben ist zunächst ein stetiger Anstieg der Säure zu beobachten. Das Maximum wird kurz vor Beginn der Reife erreicht. Während der Reife folgt dann eine Abnahme. Mit zunehmendem Reifegrad sinkt der Säuregehalt und dementgegen steigt der Zuckergehalt. Beide Faktoren haben Einfluss auf den idealen Erntezeitpunkt. Können in manchen Ländern in Übersee fehlende Säuren noch durch eine künstliche Säuerung ausgeglichen werden, ist diese Praxis in Deutschland nicht gestattet.

Weitere Säuren werden während der Gärung und dem folgenden Ausbau gebildet. Die wichtigsten Vertreter sind die Essigsäure, die Milchsäure, die Buttersäure und die Bernsteinsäure. Ihre Bildung während des Ausbaus hängt von der angewendeten Technologie ab. Bei einem Ausbau im Holzfass (Barrique) werden beispielsweise andere Säuren gebildet als bei einer Lagerung im Edelstahltank. Die Aromatik der gebildeten Säuren kann sehr intensiv ausfallen, sodass der Winzer deren Bildung stets im Blick behalten muss.



Das Zusammenspiel mit anderen Inhaltsstoffen

Weine leben vom Zusammenspiel der verschiedenen Inhaltsstoffe. Dabei sind vor allem der Alkoholgehalt, Zucker, Tannine und eben die Säure zu nennen. Erst bei einem ausgewogenen Verhältnis der genannten Inhaltsstoffe ist ein ausgeglichenes und rundes Geschmackserlebnis zu erwarten. Die Stoffe beeinflussen sich gegenseitig und verstärken zusätzlich die weineigenen Aromen. Wie stark die Säure bei diesem Spiel in den Vordergrund treten sollte, hängt von der Rebsorte ab. Eine deutlich ausgeprägte Säure – die nicht zu dominant sein sollte – ist zum Beispiel ein Markenzeichen des deutschen Rieslings. Müller-Thurgau oder Silvaner leben hingegen von einer milderen Säure. Die Wahrnehmung einer solchen Ausprägung ist jedoch stets individuell und von den Vorlieben des jeweiligen Weinliebhabers abhängig.

Die Säure bringt zusätzlich zu den sensorischen Ausprägungen noch eine weitere positive Eigenschaft für den Wein mit: Neben dem Alkoholgehalt gilt nämlich vor allem die Säure im Wein als Hemmstoff für das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen, die aufgrund ihrer Eigenschaften und Ausscheidungsprokute den Wein verderben könnten. Die meisten dieser Mikroorganismen fühlen sich im vorherrschenden sauren Milieu jedoch nicht wohl und wachsen – insofern sie überhaupt vorhanden sind – nicht weiter an. Die Haltbarkeit des Weines verlängert sich dadurch.

Säuregehalt, pH-Wert und Vergleichbarkeit

Der Säuregehalt wird in der Regel in Gramm pro Liter (g/l) angegeben und umfasst alle titrierbaren Säuren im Wein. Vor der Gärung liegt der Gesamtsäuregehalt im Bereich von ca. 7 bis 9 Gramm pro Liter. Während der Gärung sinkt dieser auf ca. 5 bis 7 Gramm pro Liter ab. In Deutschland wird die Gesamtsäure zur besseren Vergleichbarkeit als Weinsäure berechnet. Die Anwendung dieser Referenzsäure ist jedoch nicht in allen Ländern gleich. So wird beispielsweise in Frankreich Schwefelsäure als Referenz herangezogen und die Gesamtsäure somit stets als Schwefelsäure berechnet. Daraus ergibt sich je nach verwendetem Modell die Notwendigkeit einer gegenseitigen Umrechnung. Die Auszeichnung der Säure eines Weines ohne Angabe der zugrundeliegenden Referenzsäure des Herkunftslandes erscheint in der Folge wenig sinnvoll.

Eine weitere Aussage über die Säure eines Weines kann mittels pH-Wert getroffen werden. Der pH-Wert im Allgemeinen macht eine Angabe über den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung. Liegt dieser Wert über 7, wird von einem basischen Milieu gesprochen. Unter 7 wird die Lösung als sauer bezeichnet. Liegt der pH-Wert genau bei 7, ist die Lösung neutral. Weine liegen allesamt im sauren Bereich – der pH-Wert liegt im Bereich zwischen 3 und 4. Der pH-Wert hat jedoch in Bezug auf die Säure keine alleinige Aussagekraft. Inhaltsstoffe wie Kalium oder Calcium können den pH-Wert aufgrund ihrer Pufferwirkung leicht erhöhen ohne jedoch den Säuregehalt zu beeinflussen. Des Weiteren korrelieren der vorstehend beschriebene Gehalt titrierbarer Säuren und der pH-Wert des Weines nicht unmittelbar miteinander, was eine umfassende Betrachtung erschwert. Aus diesen Gründen sind pH-Wert und Säuregehalt bei der analytischen Bewertung der Säure eines Weines stets gemeinsam zu betrachten.

Die Säure nimmt eine elementare Rolle für die Ausgewogenheit eines Weines ein. Der Säuregehalt allein gibt jedoch noch keinerlei Aussage über die Güte und ist daher stets in Verbindung mit anderen wertgebenden Inhaltsstoffen zu betrachten. Ein Großteil der Säuren ist bereits in der Traube am Stock enthalten, weitere Säuren werden während der Gärung und des Ausbaus gebildet. Neben den sensorischen Einflüssen steigert die Säure die mikrobiologische Stabilität und trägt somit zur Haltbarkeit eines Weines bei.


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