Das Jahr als Winzer/in: Was passiert wann auf dem Weinberg und im Keller?

Was genau macht eigentlich ein Winzer oder eine Winzerin? Anders als viele Menschen glauben, gibt es auf dem Weinberg und im Weinkeller das ganze Jahr über viel zu tun. Vom Rebschnitt und der Reberziehung über Reparaturarbeiten und Marketing bis hin zur Ernte und Abfüllung des Weins. Auf dem Weingut ist immer etwas los. Der Beruf als Winzer/in ist deshalb vielfältig, abwechslungsreich und spannend. Dabei müssen viele Herausforderungen gemeistert und Risiken in Kauf genommen werden.

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Frau und Mann begutachten Wein in einem Glas bei einer Weinprobe
© Jack Frog/www.shutterstock.com

Ein Jahr auf dem Weingut: Wie läuft das wohl ab? Deutlich aufregender als es sich manche Menschen vorstellen können. Denn wie die meisten zwar wissen, findet der Höhepunkt des Weinjahres im Herbst statt, wenn idealerweise eine erfolgreiche Ernte eingefahren wird und die ersten Weine eines Jahrgangs hergestellt werden können. Doch bis dahin ist es für Winzer und Winzerinnen ein weiter Weg: Schon im Januar beginnt die Arbeit. Im Laufe des Jahres wird diese nicht weniger: Feingefühl, Fachwissen, Ausdauer und Risikobereitschaft sind gefragt.

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Was passiert im Winter auf dem Weinberg?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was Winzer und Winzerinnen in diesem trüben Monat mit ihrer Zeit anfangen? Viele Menschen glauben, dass im Januar und Februar auf den Weinbergen nichts passiert. Doch das Gegenteil ist der Fall. In den ersten Wochen des Jahres legen sie den Grundstein für das neue Weinjahr. Jetzt geht es vor allem darum, alten Ballast loszuwerden und Raum für Neues zu schaffen.

Wer nun glaubt, dass Winzer und Winzerinnen ihre Weinkeller und Lagerräume ausmisten, der irrt. Beim alten Ballast handelt es sich vielmehr um Triebe vom Vorjahr, die von den Reben auf dem Weinberg entfernt werden müssen. Winzer und Winzerinnen müssen also nicht nur im Sommer im Freien arbeiten, sondern auch, wenn es draußen kalt und ungemütlich ist. Zum neuen Jahr heißt es: Warm anziehen und ran an den Rebschnitt.

Rebschnitt im Januar: Neues Jahr, neue Triebe

Weinreben sind sehr fruchtbare Pflanzen, die schnell zum Wuchern neigen. Deshalb müssen sie richtig gezogen und kultiviert werden. Zum Jahresbeginn nehmen Winzer und Winzerinnen den Rebschnitt vor, um zu verhindern, dass die Pflanze zu viele Triebe mit Fruchtknospen entwickelt. Denn je weniger Trauben eine Rebe trägt, desto besser werden sie in der Qualität. Entstehen zu viele Trauben, kann die Rebe sie nicht richtig versorgen und entwickeln. Das hat sowohl Auswirkungen auf die Traubengröße als auch auf Fruchtqualität und Geschmack. Außerdem würden neue Triebe ohne den gezielten Rebschnitt unkontrolliert nach oben wachsen, während die Rebe unten verholzt.

Warum im Januar?

Der winterliche Rebschnitt findet idealerweise in der Winterruhe bzw. Saftruhe statt. Zur Saftruhe kommt es in unseren Regionen in der Regel im Januar oder auch im Februar an frostfreien Tagen. Selten wird der Rebschnitt schon im Dezember vorgenommen, oft auch erst im März abgeschlossen. Es ist wichtig, dass er nicht zu früh stattfindet. Denn solange die Saftruhe nicht eingetreten ist, der Saft sich also nicht komplett in die Wurzeln zurückgezogen hat, arbeitet die Rebe noch und sollte nicht geschnitten werden. Nach der Saftruhe beginnt der jährliche Vegetationszyklus der Reben erneut.

Wie funktioniert der Rebschnitt im Winter?

Der Rebschnitt ist eine zeitintensive und aufwendige Handarbeit. Jeder Rebstock muss einzeln betrachtet und bearbeitet werden. Wie genau der Rebschnitt in seinen Einzelheiten von statten geht, ist unter anderem abhängig von der Rebsorte, der Erziehungsform, dem Klima und dem Bodentyp. Von Anbaugebiet zu Anbaugebiet kann es außerdem traditionelle Unterschiede geben. Im Wesentlichen folgt der winterliche Rebschnitt aber folgendem Prinzip: Die im letzten Vegetationsjahr gewachsenen Fruchtruten werden nahe des Stammkopfes abgeschnitten. Eine Fruchtrute verbleibt und wird gekürzt. Hier bilden sich neue Knospen (sogenannte Augen). Im Laufe des frühen Sommers wachsen aus ihnen neue Triebe, die später die Trauben tragen und im folgenden Jahr erneut geschnitten werden.

Ein ganz anderer Weg: Eiswein im Winter herstellen

Nur wenige Winzer und Winzerinnen wagen den Versuch: Statt die Trauben im Herbst zu ernten, lassen sie sie bis zum Winter an den Reben stehen. Wenn die Temperaturen niedrig genug sind und die Trauben gefrieren, kann Eiswein hergestellt werden. Die Ernte findet oft erst im Januar oder Februar statt. Es handelt sich dabei um eine Rarität, die aufwendig und riskant ist und deshalb auch einen stolzen Preis hat.

Frühlingserwachen: Was machen Winzer ab März?

Die Temperaturen im Freien schwanken zwischen Minusgraden und Plusgraden bereits im zweistelligen Bereich. Die Uhren werden auf die Sommerzeit umgestellt, die Tage wieder länger: Es ist März und der Frühling hält Einzug. Was bedeutet das für den Weinbau? Welche Aufgaben haben Winzer und Winzerinnen? Abwarten und Tee trinken? – Natürlich nicht. Es gibt jede Menge Arbeit für das Weingut.

Ein altes Sprichwort sagt: "Früher oder später Schnitt, keiner übertrifft den März-Schnitt." Jetzt ist nämlich Endspurt angesagt. Der winterliche Rebschnitt wird abgeschlossen und der Weingarten für die neue Saison präpariert.

Erwachen aus dem Winterschlaf

Frühlingsbeginn im Weingarten bedeutet, dass die Rebstöcke zu "bluten" beginnen. An den Schnittstellen der Weinreben tritt Pflanzensaft aus. Der Rebsaft schützt den Weinstock vor schädlichen Eindringlingen und ist für den Winzer ein gutes Zeichen. Die Reben werden vom Boden her wieder mit Nährstoffen versorgt und können schon bald neue Triebe entwickeln.



Aufgaben im Weinberg: Reparieren, Biegen und Binden

Die Witterungen in der kalten Jahreszeit, Frost und eisiger Wind, strapazieren die Spaliere im Weingarten und so werden die ein oder anderen Reparaturarbeiten fällig: Morsche Holzpfähle und kaputte Drähte müssen ausgetauscht werden. Danach kann mit dem Niederbinden der Ruten begonnen werden. Dieser Vorgang wird Reberziehung genannt. Abhängig vom Weingebiet, jeweiliger Rebsorten oder den Methoden der Weinlese, kommen unterschiedliche Erziehungssysteme zum Einsatz. Durch das Anbinden des Streckers (Trieb) an den Draht – flach oder gebogen – wird die Richtung, in die sich die Triebe ausbreiten dürfen, bestimmt. Ziel ist es für eine optimale, lockere Traubenaufteilung zu sorgen. Das Anbinden der Ruten (oder Strecker) wird bevorzugt an den nassen Tagen durchgeführt, wenn das Holz elastischer ist und weniger leicht brechen kann. Diese Arbeit erfordert etwas Routine und sehr viel Fingerspitzengefühl. Mittels elektrischer Biegezangen wird das Anbinden im Handumdrehen erledigt.

Was ist im Keller zu tun?

Arbeiten, die im Februar begonnen haben, werden im März fortgesetzt: Der Kellermeister – bei kleineren Weingütern ist es der Winzer oder die Winzerin selbst – kontrolliert laufend die Qualität der Weine und gibt sie beizeiten zur Abfüllung frei. Es sind vor allem die frischen, fruchtigen Weißweine, die schon im ersten Quartal des Jahres in Flaschen abgefüllt werden.

Manche Weinsorten, wie z. B. Burgunder, verlangen eine längere Zeit der Reifung. Sie werden bevorzugt in Holzfässer umgefüllt und hier in ihrer vollen Komplexität ausgebaut. Bei der Lagerung im Barrique-Fass erfolgt eine Wechselwirkung zwischen den Gerbstoffen im Wein und den aromatischen Substanzen des Eichenholzes. Dieser Vorgang (Barrique-Ausbau) wird bei bestimmten Rotweinen (Pinot Noir, Cabernet Sauvignon, Merlot usw.), aber auch manchen Weißweinen, wie dem Chardonnay, gewählt.

Hygieneregeln spielen im Weinkeller eine sehr wichtige Rolle. Der Wein im Stahltank ist zwar schon klar, er wird jedoch vor der Abfüllung in die Flasche nochmals filtriert. Der Kellermeister will durch das wiederholte Filtrieren Sterilität erreichen, damit der Wein in der Flasche nicht weiter gärt. Das ist vor allem bei Weinen mit einer hohen Restsüße wichtig. Die Flaschen werden vor dem Abfüllprozess keimfrei gemacht und nochmals ausgespült. Nun kann die Abfüllung beginnen. Der Wein bekommt nun einen Verschluss und ein Etikett. Schon bald werden die ersten Weine des Vorjahres in die Verkaufsregale befördert.

Etikette: Alles dreht sich ums Marketing und den Vertrieb

Runter vom Weinberg, raus aus dem Keller und hinein in die schicke Kleidung. Üblicherweise finden im Frühjahr, Jahr für Jahr, große Veranstaltungen, Präsentationen und Prämierungen statt, die sich dem Thema Wein widmen. Eine der größten Fachmessen der Welt ist die ProWein in Düsseldorf. Über 3.000 Aussteller und mehr als 36.000 Besucher nehmen an diesem Branchentreffen teil. Ob ein Weingut hier nun vertreten ist oder nicht, so oder so, im März wird gearbeitet, und zwar schwerpunktmäßig im Verkauf. Für größere Weingüter ist es wichtig, dass Geschäftsbeziehungen weiter ausgebaut werden und das Basissegment des neuen Jahrgangs ansprechend präsentiert wird. Mit Spannung erwarten Weinliebhaber die ersten, abgefüllten Sorten, um sie zu verkosten.

"Das Auge trinkt mit!": Immer kreativer werden die Produktnamen und Flaschendesigns mondäner Weingüter. Allein die Tatsache, dass es für Flaschenetiketten separate Wettbewerbe gibt, zeigt, dass das Engagement im Weinmarketing große Bedeutung hat.

Der Wonnemonat Mai und die Eisheiligen

In den ersten Wochen des Frühjahrs wurde im Weinberg bereits fleißig Hand angelegt. Reparaturarbeiten an den Drähten und Holzpfählen, Schnitt und Reberziehung zählen zu den wichtigen Vorkehrungen, die als Grundlage für eine neue Saison im Weingarten dienen. Im Monat Mai schreitet der Vegetationszyklus mit vollem Tempo voran. Die steigenden Temperaturen beschleunigen das Wachstum der Pflanzen und das Ausbrechen der jungen Triebe. Doch was geschieht beim Austrieb und welche Aufgaben haben Winzer und Winzerinnen?

Bienchen und Blümchen: Das passiert mit dem Nachwuchs

Auf den Rebstöcken befinden sich kompakte, kleine Knospen, die sich in den ersten Maitagen immer weiter ausbreiten. Die kugelförmigen Geflechte schwellen fast explosionsartig an und färben sich weiß, rosa, leicht gelblich. Die darunter liegenden Triebe wollen nun ausbrechen. Beim sogenannten Austrieb bilden sich auch die ersten Gescheine, die später zu Trauben heranwachsen. Bei optimalen Bedingungen kann ein Trieb bis zu 3 cm pro Tag wachsen und trägt spätestens im Juni wunderschöne, zarte Blüten.

Winzer und Winzerinnen entfernen einige der Knospen, auch schwache und überschüssige Triebe. Dieser Vorgang, der auch als Ausgeizen bezeichnet wird, trägt maßgeblich zur Weinqualität bei. Zum einen wird der Rebstock weniger Blattwerk entfalten und so von einer höheren Lichtintensität profitieren. Zum andern schützt der zweite Rebschnitt auch vor Feuchtigkeit und somit vor schädlichem Pilz. Ein weiterer und besonders wichtiger Nutzen ist aber die Ertragsreduktion. Weniger Triebe bedeuten auch weniger Trauben und somit eine höhere Nährstoffkonzentration für die heranreifenden Beeren.

Die "Kalte Sophie": Zittern bis zum 15. Mai

Steigende Temperaturen und die zunehmenden Sonnenstunden im April und Mai begünstigen das Wachstum der Pflanzen. Je früher der Austrieb beginnt, desto länger kann die Vegetationsperiode andauern. Für den Weinbau kann das ein Vorteil sein, denn wenn die Trauben lange am Rebstock gedeihen können, sind die Chancen für einen Spitzenjahrgang gegeben. Es besteht jedoch die Gefahr, dass kalte Polarluft über Mitteleuropa hereinbricht und nachts den Boden gefrieren lässt.

Eine alte Bauernregel besagt: "Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist." Damit gemeint sind die Kalendertage vom 12. bis zum 15. Mai – die sogenannten Eisheiligen.

Den "Eismännern" – Hl. Pankratius (12.5.), Hl. Servatius (13.5.), Hl. Bonifatius (15.5.) wurde später noch die Heilige Sophia, auch "Kalte Sophie" genannt, hinzugefügt. Als Grund dafür kann angenommen werden, dass die nördliche Kaltluft in Süddeutschland etwa einen Tag später eintrifft. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um ein Wetterphänomen, dass eintreten kann, aber nicht vorhersehbar ist. Sobald sich ein Kälteeinbruch abzeichnet, muss umgehend gehandelt werden, um einen Ernteverlust zu vermeiden.

Die zarten Blättchen sind dem Spätfrost nämlich gänzlich ausgeliefert. Wenn sie erfrieren, werden sie bräunlich und fallen ab. Die Reben können zwar zu einem späteren Zeitpunkt erneut austreiben, der Fruchtansatz wird jedoch weitestgehend fehlen. Ergo, Ernteausfall.

Im Weinbau wurden demnach unterschiedliche Techniken etabliert, um für ausreichend Gegenwind – im wahrsten Sinne des Wortes – zu sorgen. Mancherorts kommen sogar Hubschrauber zum Einsatz, welche die Luft aufwirbeln und somit Frost verhindern. Aber auch große Ventilatoren oder Frostfackeln werden zwischen den Rebzeilen angebracht. Immer wieder gelingt es, durch schnelles Handeln in den betroffenen Weingebieten den Frostschaden abzuwenden. Ist die Zitterpartie im Weingarten überstanden, werden weitere Schutzmaßnahmen ergriffen. Und zwar wird im Mai mit dem wichtigen Pflanzenschutz begonnen.

Achtung Mehltau! Wie werden die Reben am besten geschützt?

Zu den größten Bedrohungen zählen Pilzkrankheiten wie der Echte und der Falsche Mehltau.

Wenn der Rebstock von Echtem Mehltau befallen ist, treiben die befallenen Knospen mit weißem Pilzüberzug aus. An den älteren, verholzten Trieben bilden sich rotbraune, leicht braun-violette Flecken. Außerdem verbreitet sich ein modriger Geruch im Weinberg. Um das zu verhindern, muss noch vor der Blütezeit im Mai mit dem Pflanzenschutz begonnen werden.

In Hinblick auf das Gleichgewicht des Ökosystems werden Behandlungspläne für die gesamte Vegetationsperiode erstellt und zwar nach dem Prinzip: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Auch der Einsatz von chemischen Mitteln wird selbst im konventionellen Weinbau immer weiter abgebaut. Viele Winzer die (noch) nicht auf biologischen Weinbau umgestiegen sind, arbeiten mit integriertem Pflanzenschutz. Hierbei wird auf eine Kombination aus biotechnischen Methoden gesetzt, wobei der Einsatz chemischer Mittel als ergänzende Maßnahme dient.

Der Pflanzenschutz begleitet den Weinbau das gesamte Jahr über, denn die Reben haben viele natürliche Feinde. Ob und wie hoch der jeweilige Befalldruck durch Pilze, Bakterien oder Insekten steigt, hängt sehr stark von der Witterung ab. Falscher Mehltau entwickelt sich bei starkem Regen, oder bei Temperaturen über 20 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit. Sichtbar wird er durch den weißen Pilzrasen der sich an den Blattunterseiten und den jungen Beeren ausbreitet. Zur Vorbeugung gegen Peronospora hilft eine luftige Erziehung der Rebstöcke und eine mäßige Dünnung mit Stickstoff.

Weinlese im Herbst: Das Finale auf dem Weinberg

Allmählich verabschiedet sich der Sommer und das Wetter nimmt herbstliche Züge an. Die Tage werden kürzer, regnerischer und kühler. Für viele Menschen ist der Höhepunkt des Jahres damit vorbei. Für Winzer und Winzerinnen fängt er aber gerade erst an. Denn mit dem Herbst beginnt auch die Weinlese.

Der Herbst und die Weinlese gehören einfach zusammen. Die langen Vorbereitungen auf dem Weinberg zahlen sich endlich aus. Wenn alles gut geht, erhalten Winzer und Winzerinnen endlich den Lohn für ihre harte Arbeit. Wird die Ernte erfolgreich eingefahren, können aus den lang gehegten Trauben endlich köstliche Weine entstehen. Doch damit das klappt, sind noch einmal eine Menge Arbeit und Feingefühl erforderlich.

Den richtigen Zeitpunkt für die Weinlese finden

Wichtig für die erfolgreiche Ernte ist es vor allem, den richtigen Zeitpunkt für die Weinlese zu finden. Denn davon hängt die Traubenqualität ab. Das richtige Timing bestimmt somit auch die spätere Qualität des Weins.

Die Weinlese kann sich über mehrere Monate hinziehen. Normalerweise beginnt sie Mitte September. In warmen Jahren fangen erste Winzer aber auch schon im August an, die Trauben zu lesen. Besonders in jüngster Vergangenheit wurde die Weinlese oft enorm früh gestartet. Grund dafür sind heiße und trockene Sommer, die die Trauben früher reifen lassen. Aber auch ein regnerischer Herbst kann dafür sorgen, dass die Trauben früher eingeholt werden müssen. Winzer ziehen die Weinlese dann oft vor, um die Trauben vor dem Verfaulen zu schützen.

Es kommt auch auf Rebsorten und Verarbeitung an

Darüber hinaus spielen auch Rebsorten und die geplante Verarbeitung eine Rolle für den richtigen Erntezeitpunkt. So gibt es zum Beispiel frühreifende und spätreifende Sorten. Riesling gehört zu den spätreifenden Rebsorten und wird oft noch Ende Oktober oder sogar Anfang November gelesen.

Für die Herstellung von Federweißer hingegen werden die Trauben sehr früh geerntet. Hier ist es üblich, dass die Weinlese schon im August startet. Andere spezielle Weine erfordern wiederum überdurchschnittlich viel Geduld. Für die Herstellung von Beerenauslesen verbleiben die Trauben noch am Rebstock, bis sie edelfaul werden. Noch länger müssen sie ausharren, wenn Eiswein hergestellt werden soll. Sie werden erst gelesen, wenn sie am Rebstock gefroren sind. Dazu sind Temperaturen von -7 °C erforderlich.

Vollernter vs. Handarbeit

Ob die Trauben per Hand oder maschinell geerntet werden, hängt von vielen Entscheidungen ab. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile.

Die Weinlese per Hand ist die Traubenqualität ein entscheidender Vorteil. Weinleser und Lesehelfer entfernen die Trauben mit Schere oder Messer vom Rebstock. Dabei finden schon direkt eine Auswahl der besten Trauben statt. Die Weinleser können gezielt beurteilen, welche Trauben schlecht oder noch nicht reif genug sind. Nachteilig können hier die Kosten sein, die dadurch entstehen. Die Weinlese dauert deutlich länger und der Stundenlohn summiert sich schnell. Außerdem erfordert der Einsatz von Mitarbeitern auch viel Organisation – nicht immer stehen die Weinleser und Lesehelfer genau dann zur Verfügung, wenn der perfekte Zeitpunkt für die Lese wäre.

Die maschinelle Weinlese findet in der Regel mit dem sogenannten Vollernter statt. Die Maschine fährt durch den Weinberg und schüttelt die Trauben mithilfe von Schlägen auf das Blätterdach ab. Sie werden von Förderbändern aufgefangen und landen dann im Sammelbehälter. Somit geht die Weinlese mit dem Vollernter natürlich schneller über die Bühne als die Weinlese per Hand. Zudem ist die Maschine jederzeit einsatzbereit und der Winzer bleibt flexibler. Auch Lohnkosten können eingespart werden. Aber die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten einer Vollernte-Maschine dürfen hier nicht unterschätzt werden. Außerdem kann die Qualität der Trauben unter der schnellen Ernte leiden. Denn die Maschine erntet blind und nimmt keine Auswahl vor. Diese muss später also noch nachgeholt werden – und dafür braucht es wiederum Mitarbeiter mit geschulten Augen.

Viele Aufgabenbereiche bei der Weinlese

Bei der Weinlese ist natürlich nicht nur der Winzer selbst gefragt. Viele Menschen müssen mitwirken, damit die Ernte zum Erfolg wird. Verschiedene Aufgaben erfordern verschiedene Qualifikationen. Mögliche Tätigkeitsfelder bei der Weinlese sind zum Beispiel:

  • Weinleser/in / Herbster/in
  • Korbträger/in
  • Transportarbeiter/in
  • Verlader/in
  • Empfangsverantwortliche in den Keltern
  • Transportfahrer/in
  • Gabelstapler-Fahrer/in
  • Kelterer
  • Mitarbeiter/in im Gärkeller
  • uvm.

Schon gewusst? Der Herbst wurde nach der Weinlese benannt

Das Wort Herbst geht auf den gleichen sprachgeschichtlichen Ursprung zurück wie der englische Ausdruck harvest oder to harvest. Übersetzt bedeutet das Erntezeit oder ernten. Im Mittelalter meinte man, wenn vom herb(e)st die Rede war, nicht vorrangig die Jahreszeit, sondern die Zeit der Ernte, insbesondere der Weinernte. Das Verb herbsten oder herbesten wird im Mittelhochdeutschen Wörterbuch übersetzt in Wein lesen. Auch heute wird die Weinlese oft noch als Herbsten bezeichnet.


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