Klimawandel erzwingt Weinwandel: Winzer müssen umdenken

Die globale Erwärmung ist in aller Munde. Spätestens seit Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik „Fridays for Future“ eine ganze Bewegung ausgelöst hat, ist das Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit in den gesellschaftlichen und politischen Fokus gerückt. Und auch vor dem Weinbau macht der Klimawandel nicht Halt: Mehr als die Hälfte der weltweiten Anbauflächen sollen bedroht sein. Viele regionstypische Rebsorten könnten demnach bald der Vergangenheit angehören.

02.02.2020
  • Lesezeit ca. 3 Minuten
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    02.02.2020
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Weinberg
© skitz_cz/pixabay.com

Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass große Teile der weltweiten Anbauregionen vom Klimawandel bedroht sind. Mindestens die Hälfte sei nach aktuellem Stand in Gefahr. Extreme könne es in beide Richtungen geben: Je nach Temperaturanstieg könnten die Weinbauflächen auch um ganze 85 Prozent schrumpfen. Auf der anderen Seite seien Winzer in der Lage, der Entwicklung zumindest teilweise entgegenzuwirken.

Weintrauben reagieren empfindlich auf Klimawandel

Weintrauben können sehr empfindlich auf klimatische Veränderungen reagieren. Je nach Rebsorte schwankt das Ausmaß. Einige Traubensorten sind deutlich widerstandsfähiger als andere. Winzer haben also ohnehin Mühe, ihre Trauben zufriedenzustellen. Schwankende Temperaturen, Wetterextreme, Trockenheit, die Gefahr von Spätfrost und neue Schädlinge, die der Klimawandel mit sich bringt, erschweren diese Arbeit zusätzlich.

Außerdem bevorzugen unterschiedliche Rebsorten auch unterschiedliche Temperaturen. Während Merlot die Wärme liebt, fühlt sich Pinot Noir in kühleren Regionen wohl. Über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg haben sich so in verschiedenen Regionen spezielle Rebsorten etabliert, die mit den Gegebenheiten vor Ort harmonieren. Im französischen Burgund wächst zum Beispiel Pinot Noir, im Bordeaux vor allem Merlot und Cabernet Sauvignon. In Deutschland ist der Riesling weit verbreitet. In den besonders warmen spanischen Weinregionen fühlen sich Tempranillo, Garnacha (Grenache) und Monastrell heimisch und zu den wichtigsten Traubensorten Italiens gehört Sangiovese.

24 bis 85 Prozent bedroht – je nachdem, wie Winzer reagieren

Was sich lange bewährt hat, soll laut Studienergebnis schon bald ins Wanken geraten. Wie der SPIEGEL berichtet, könnten viele Rebsorten in ihrem bisherigen Anbaugebiet bald nicht mehr wachsen. „Winzer könnten die Entwicklung allerdings teilweise aufhalten, wenn sie die Weinsorten wechseln“, heißt es in dem Bericht. So seien für das französische Burgund statt der Rebsorte Pinot Noir in Zukunft hitzeliebende Sorten wie Mourvèdre oder Granacha zu empfehlen. Mourvèdre könne auch in Bordeaux wachsen und damit Cabernet Sauvignon und Merlot ersetzen.

Aus der Studie geht hervor, dass ohne einen Umstieg weltweit 56 Prozent der Weinbauflächen verloren gingen. Mit einem Wechsel auf andere Rebsorten könne der Verlust auf 24 Prozent sinken. Diese 24 Prozent der aktuellen Anbaufläche seien damit unumstößlich verloren. Und das unter der Voraussetzung, dass die Durchschnittstemperatur um zwei Grad ansteigt. Noch gravierender wären die Auswirkungen bei einem Anstieg um 4 Grad. Ohne Rebsorten-Wechsel belaufe sich der Verlust dann auf ganze 85 Prozent. Dieser könne mit entsprechenden Maßnahmen der Winzer nur noch auf 58 Prozent reduziert werden. Es käme deshalb auch auf globale Entscheidungen zum Umweltschutz an.



Deutschland als Gewinner des Klimawandels?

Für die warmen Regionen Italiens und Spaniens kommt laut Wissenschaftsportal Spektrum.de jeder Umstieg zu spät. Hier könne die Entwicklung auch nicht durch den Wechsel auf andere verfügbare Rebsorten verhindert werden. Während südliche Weinregionen also deutlich mit dem Klimawandel zu kämpfen haben, können andere Gebiete hingegen davon profitieren.

In Deutschland könnten in Zukunft wärmeliebende Rebsorten wie Merlot wachsen. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts bedeckt die Rebsorte aktuell nur einen verschwindend geringen Teil der deutschen Rebflächen. Das könnte sich durch die globale Erwärmung ändern. „Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut hält die deutschen Winzer für ‚Gewinner des Klimawandels‘. Höhere Temperaturen führten beispielsweise zu einem höheren Reifegrad der Trauben, was letztlich die Weinqualität verbessere“, heißt es im SPIEGEL.

Schon in den vergangenen Jahren bekamen deutsche Winzer die Entwicklung deutlich zu spüren. Wärmere Sommer sorgten für eine frühe Ernte und begehrte Spitzenweine. Wir berichteten über das Ausnahmejahr 2018: Klimawandel & Weinlese: Es geht heiß her. Im darauffolgenden Jahr kämpften Winzer hingegen mit den hohen Temperaturen, die Schäden an Trauben hinterließen.



Den Weinbau zieht es Richtung Norden

In den kommenden Jahren sollen vor allem skandinavische und baltische Länder gefragt sein, ebenso wie Kalifornien und Neuseeland. Hier könnten durch den Klimawandel neue Weinregionen für Rebsorten entstehen, die es nicht zu heiß mögen. So zum Beispiel Pinot Noir, Chasselas oder Müller-Thurgau. Die Studienautoren weisen aber darauf hin, dass der nördlichen Verlagerung Grenzen gesetzt seien. „Rebsorten, die eine besonders lange Reifezeit benötigen […] seien auf ihr derzeitiges Verbreitungsgebiet beschränkt. Ihnen reicht der kurze Sommer Südschwedens nicht – unabhängig von den Temperaturen, die in Zukunft dort herrschen mögen“, heißt es auf Spektrum.de.


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