Die Grundlagen des Wein-Knigge: Etikette und Genuss

Mit dem „Knigge“ verbindet man landläufig die guten Benimm- und Umgangsformen, die der Schriftsteller Adolph Knigge im 18. Jahrhundert in einem Buch verschriftlichte. Mittlerweile gibt es solche Regelwerke und Ratgeber für die verschiedensten Lebensbereiche. Der Name Knigge taucht in diesem Zusammenhang als geflügeltes Wort immer wieder auf. Doch gibt es solche Regeln auch für den Weingenuss?

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Kellner füllt Weinglas von einer Frau
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Natürlich kann ein Jeder seinen Wein grundsätzlich trinken, wie er möchte. Doch haben sich im Laufe der Jahrhunderte gewisse Regeln rund um den Weingenuss – insbesondere in der Öffentlichkeit – eingebürgert, die zwar nicht in einem Standardwerk verschriftlicht wurden, jedoch meist dennoch bei allgemeiner Akzeptanz berücksichtigt werden. Die wichtigsten Aspekte werden im Folgenden vorgestellt, damit Sie mögliche Fettnäpfchen und unangenehme Situationen in Zukunft elegant vermeiden können.

Die Auswahl

Wird in den heimischen vier Wänden meist der Wein aus dem Regal gegriffen, nach dem einem in diesem Moment der Sinn steht, ist bei der Auswahl in der Gastronomie einiges mehr zu beachten. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Gastgeber des Abends den Wein aussucht und auch bestellt. Natürlich kann sich dieser mit seinen Gästen beraten und austauschen. Die finale Entscheidung liegt jedoch bei ihm oder ihr. Frei nach dem Motto: „Wer zahlt, entscheidet!“ Diese Entscheidung sollten Sie als Gast akzeptieren und keineswegs lautstarken Protest einlegen.

Das Servieren am Tisch

Nach der Order bringt der Kellner die gewählte Weinflasche an den Tisch. Diese sollte selbstverständlich richtig temperiert sein. Werden Rotweine eher wärmer getrunken – meist etwas unter Zimmertemperatur – dürfen Weiß- oder Roséweine gerne gekühlt sein. Gewiss jedoch nicht zu kalt, um das Aroma nicht zu unterdrücken.

Der Wein ist durch das Servicepersonal stets am Tisch zu öffnen. Dabei sollte der Korken langsam gelöst werden, auf ein lautes „Plopp-Geräusch“ ist zu verzichten. Erfahrene Bedienungen nutzen hierfür gern das sogenannte „Kellnermesser“. Um ein Herunterlaufen einzelner Weintropfen an der Außenseite der Flasche zu vermeiden, wird gern eine Stoffserviette um den Flaschenhals gelegt. Vereinzelt werden auch Ausschankhilfen verwendet, die ein solches Malheur vermeiden.

Zunächst wird dem Gastgeber ein kleiner Probierschluck eingeschenkt, um die Qualität zu prüfen. Hierfür sollte man sich Zeit nehmen. Schließlich kann es peinlich werden, wenn ein Weinfehler, den man selbst in der Eile nicht wahrgenommen hat, im Folgenden erst den Gästen auffällt. Bei Unsicherheiten in der Beurteilung kann auch eine Zweitmeinung aus Reihen der Gäste oder vom Oberkellner eingeholt werden.

Wird der Wein nach olfaktorischer und gustatorischer Prüfung nun für gut befunden, bekommt der Kellner ein kurzes Zeichen. Die Gläser der Gäste und des Gastgebers werden gefüllt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Weingläser niemals vollständig gefüllt werden. Auch wenn diese mehr Platz bieten, wird in der Regel nie mehr als ein Drittel des Gesamtvolumens eingeschenkt. Grund für diese „Verschwendung“ des Glasvolumens ist der für die vollständige Ausprägung der Weinaromatik notwendige Sauerstoff. Diesen benötigt der Wein zum Atmen, um schlussendlich die volle Aromenvielfalt zum Ausdruck bringen zu können.



Das Zuprosten

Ist der Wein serviert, ergreift zunächst der Gastgeber das Glas und prostet seinen Gästen zu. Die Gelegenheit kann er für einige kurze Begrüßungsworte nutzen. Häufig geht dieser Moment auch mit dem Beginn des Essens einher. Übrigens: Verpasst der Gastgeber oder die Gastgeberin diesen Moment, kann diese Rolle auch dem ältesten Herren am Tisch zufallen.
Bei offiziellen Anlässen ist außerdem zu berücksichtigen, dass auf das mittlerweile weit verbreitete Anstoßen der Gläser verzichtet wird. Nur in einer kleinen Runde unter Freunden und Familie ist ein leises Anstoßen angebracht. Stattdessen sucht man den Blickkontakt zu den anderen am Tisch und erhebt sein Glas. Nach einem kurzen Schluck ist auf ein möglichst leises Abstellen des Glases zu achten.

Der Genuss

Grundsätzlich gilt: Wein ist Genuss und kein Mittel zum Löschen des Durstes. Daher ist er stets in kleinen Schlucken zu genießen. Das Leeren des Glases in einem Zug ist dabei sogar vollends verpönt. Nehmen Sie daher langsam einen Schluck Wein in den Mund. Dort darf er gern einen Moment verweilen. Auf diese Weise kommt die gesamte Aromatik zum Ausdruck. Schlucken Sie anschließend möglichst geräuschlos. Zum Löschen des Durstes kann begleitend ein Mineralwasser gereicht werden, dessen Mineralisierung auf den Weintyp abgestimmt sein sollte.

Beim Ergreifen des Glases ist außerdem darauf zu achten, dass es stets am Stiel und nicht am Kelch gefasst wird. Auf diese Weise wird ein Anstieg der Weintemperatur durch die warme Hand vermieden. Des Weiteren gilt, dass der Ellenbogen niemals auf der Tischplatte abgestützt werden sollte.

Das Nachschenken

Haben die Gäste ihre Gläser geleert, obliegt es dem Gastgeber, aus der am Tisch verbliebenen Flasche nachzuschenken. Natürlich kann er diese Tätigkeit auch an den Kellner delegieren. Ist die Flasche leer, steht die Order einer neuen Flasche ebenfalls dem Gastgeber zu. War die Mehrzahl der Gäste mit der Weinauswahl zufrieden, empfiehlt sich die Bestellung der gleichen Sorte des gleichen Jahrgangs. Zu viele Sortenwechsel sind zu vermeiden. Die neue Flasche sollte selbstverständlich von gleicher Temperatur sein. Auch hier obliegt der Probierschluck dem Gastgeber.


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